Donnerstag, 10. März 2022

Beeinflusst der Krieg in der Ukraine die Gasversorgung in der Schweiz?

Russland ist ein wichtiger Rohstofflieferant für Europa. Die Schweiz bezieht ihr Gas zwar nicht direkt aus Russland, sie ist jedoch ein Teil des europäischen Gasnetzes. Damit sind auch Schweizer Haushalte von russischem Gas abhängig. 

Wie beeinflusst der Krieg in der Ukraine die Gasversorgung? Müssen Schweizer Haushalte mit Gasheizungen jetzt mit massiven Preisanstiegen rechnen? Drohen Engpässe? Blick klärt, was Schweizer Haushalte mit Gasheizungen jetzt wissen müssen.

Wie viele Haushalte in der Schweiz heizen mit Gas?

Laut dem Bundesamt für Statistik (BFS) heizen 20 Prozent der hiesigen Haushalte mit Gas. «Zu einem grossen Teil befinden sich diese Haushalte in Städten und Agglomerationen», sagt Thomas Hegglin (55), Sprecher des Verbands der Schweizerischen Gasindustrie (VSG). Denn nur dicht besiedelte Gebiete verfügen in der Schweiz über ein Gasnetz.

Woher stammt das Gas, das unsere Häuser wärmt?

Die Versorgung mit Gas erfolgt in der Schweiz durch lokale und regionale Unternehmen. «Aktuell gibt es in der Schweiz rund 100 Gasversorger», sagt Hegglin. Sie beziehen ihr Gas bei Handelspunkten in anderen europäischen Ländern wie Deutschland, den Niederlanden, Frankreich oder Italien. Diese wiederum beziehen ihr Gas unter anderem aus Russland. Rund die Hälfte des Gases, das in die Schweiz strömt, soll aus Russland stammen. Das ist jedoch nur eine Schätzung. Denn tatsächlich gibt es für Gas noch keine verlässlichen Herkunftsnachweise.

Kostet Heizen jetzt mehr?

Die Preise für den Rohstoff Gas steigen bereits seit letztem Herbst. Die letzten Tage gab es nochmals einen sprunghaften Anstieg. Wie stark diese Preissprünge das Budget der Schweizer Haushalte tangieren, ist allerdings unterschiedlich. Denn Schweizer Gasversorger kaufen ihr Gas zum Teil weit im Voraus ein. Nicht alle Unternehmen haben die gestiegenen Kosten für den Rohstoff schon an die Endkunden weitergeben. «Jeder Gasversorger hat seine eigene Preis- und Beschaffungspolitik», so Hegglin. Nichtsdestotrotz werden die Gaspreise – wenn auch mit Verzögerung – für Schweizer Haushalte künftig wohl steigen.

Können Haushalte wählen, von wo sie das Gas beziehen?

Nein. Einzelne Haushalte können nicht wünschen, woher sie ihr Gas beziehen möchten. Nicht zuletzt deshalb, weil es im Gashandel noch keine verlässlichen Herkunftsnachweise gibt. Auch kann die Schweiz nicht von heute auf morgen auf russisches Gas verzichten. Aktuell sucht die Branche nach Lösungen für dieses Problem. «Die Schweizer Gaswirtschaft ist bestrebt, die bestehende Abhängigkeit zu reduzieren und Bezugsmöglichkeiten breit abzustützen», sagt Hegglin.

Können Haushalte wählen, von wo sie das Gas beziehen?

Nein. Einzelne Haushalte können nicht wünschen, woher sie ihr Gas beziehen möchten. Nicht zuletzt deshalb, weil es im Gashandel noch keine verlässlichen Herkunftsnachweise gibt. Auch kann die Schweiz nicht von heute auf morgen auf russisches Gas verzichten. Aktuell sucht die Branche nach Lösungen für dieses Problem. «Die Schweizer Gaswirtschaft ist bestrebt, die bestehende Abhängigkeit zu reduzieren und Bezugsmöglichkeiten breit abzustützen», sagt Hegglin.

Was, wenn die Gasleitung aus Russland gekappt wird?

Bis jetzt ist der Gashandel mit Russland noch nicht sanktioniert. Sollte das passieren, sieht Hegglin für die Schweiz jedoch fürs Erste kein Versorgungsproblem: «Die Schweiz ist aufgrund ihrer Lage sehr gut ins europäische Gasnetz eingebunden», sagt der Verbandssprecher. Das Gas könne von Norden wie von Süden oder Westen durch das Land fliessen. Zwar hat die Schweiz keine grossen Gaslager. Deutschland, wo wir das Gas unter anderen beziehen, verfügt über grosse Gasspeicher, die aktuell zu rund einem Drittel gefüllt sind. «Deutschland hat soeben beschlossen, Gasreserven aufzubauen», so Hegglin.

Gibt es Ausweichmöglichkeiten?

Daran arbeitet die Europäische Union laut Hegglin derzeit. «Die EU will ihre Abhängigkeit von russischem Gas verringern», sagt er. Erfolgversprechend ist unter anderem Flüssiggas. Der grosse Vorteil: Gas in flüssiger Form – sogenanntes LNG – kann aus anderen Ländern bezogen werden, etwa aus den USA, Katar und Ägypten. Es kann mit Tankschiffen exportiert werden. «LNG gehört zu den grossen Hoffnungsträgern, wenn es darum geht, Gas aus anderen Regionen der Welt zu beschaffen», sagt Hegglin. Auch mit alternativen Energiequellen wie Fernwärme und Wärmepumpen kann die Schweiz ihre Abhängigkeit von russischem Gas senken – allerdings nur auf lange Sicht. Denn der Umstieg auf andere Heizsysteme braucht in der Schweiz noch Zeit. Quelle: Blick.ch

Donnerstag, 3. März 2022

Unternehmensberater Michael Oehme: Ist Eigentum in der Schweiz ein Privileg

Glaubt man der Presse, ist in der Schweiz der Traum vom Eigenheim für viele geplatzt. Diese Aussage, so plakativ sie ist, ist aber falsch. In wie kaum einem anderen Land „regiert“ in der Schweiz das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Das gilt auch für den Immobiliensektor. Wichtig ist, dass diese Nachfragesteigerung – anders als beispielsweise in Deutschland – ausschließlich ausgelöst wird durch Menschen, die in der Schweiz leben oder dorthin „siedeln“, wie es im Schwyzerdütschen heißt. Denn nur die dürfen Immobilien zu Wohnzwecken in der Schweiz kaufen. „Auch wenn also die Preise für Immobilien in der Schweiz in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen sind, besteht keine Besorgnis wegen einer möglichen Überhitzung. Schauen wir uns die Gründe dafür an“, sagt
Unternehmensberater Michael Oehme.

 

 

Unternehmensberater Michael Oehme: Eigentum als Privileg?

„Ein eigenes Haus mit Garten – das bleibt für den Großteil der Bevölkerung unerreichbar, wie eine Studie der Raiffeisen zeigt. Grund sind die steigenden Preise“, schreibt 20min Schweiz. Die Redakteure beziehen sich dabei auf Veröffentlichungen von Martin Neff, dem Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Danach stiegen die Preise für Immobilien in der Schweiz seit rund 20 Jahren. Und ein Ende sei nicht in Sicht. Daher könne sich ein Großteil der Bevölkerung eine eigene Immobilie nicht mehr leisten. Trotz dieser Dynamik gäbe es aber laut der Bank kein Platzen einer Blase. Denn die derzeitigen Preise seien dank der starken Aufwärtsdynamik klar begründbar und nicht das Resultat von Spekulationen, lässt sich sogar Heinz Huber, CEO von Raiffeisen in mehreren Beiträgen zitieren. Fakt ist: In der Schweiz steigen die Immobilienpreise. Dass sich weite Teile der Bevölkerung dies nicht mehr leisten können, mag richtig sein, wie wir nachfolgend aufzeigen werden. Aber es sind eben auch immer noch genug Menschen bereit und in der Lage, eine Immobilie zu erwerben. Und dies ist, das mag verwundern, sogar eher möglich als in Deutschland, wo sich das Einkommensniveau viel deutlicher von den Immobilienpreisen entfernt hat. Danach benötigt ein durchschnittlicher Haushalt in der Schweiz laut Raiffeisen Economic Research 8,42 Jahre um eine typische Eigentumswohnung abzubezahlen. In Deutschland sind es 9,12 Jahre. In Frankreich übrigens 13,48 Jahre. Schaut man sich die Mindesteinkommen in der Schweiz an, erklärt sich die Diskrepanz schnell.

 

Vermögende Schweizer?

Durchschnittlich verdient eine Aldi-Mitarbeiterin an der Kasse rund 50.000 Schweizer Franken im Jahr. Das ist deutlich mehr als in Deutschland. Lebt diese Frau mit einem Kraftfahrzeugmechaniker zusammen, dessen Grundlohn ähnlich hoch ist, können sich beide durchaus eine 3,5-Zimmer-Wohnung in St. Gallen zur Miete leisten, die für 1600 Franken zu haben ist. Das gleiche Paar dürfte in München oder Berlin deutlich größere Probleme haben. Was an dieser Darstellung so wichtig ist: Egal, wie man es interpretiert, dass die Schweiz das Land mit dem höchsten Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt ist, die Mehrheit der Schweizer kann mit seinem Einkommen gut leben und trägt damit zum Konsum, aber eben auch für marktgerechte Preise im Immobiliensektor bei. Die Schweiz hat im Ranking von 60 Ländern das höchste Brutto-Pro-Kopf-Einkommen der Welt. Beim Netto-Geldvermögen rutschte sie auf den zweiten Platz mit 227.277 Schweizer Franken pro Kopf. Zugestanden ist, dass dieses Vermögen ungleich verteilt ist. Aber selbst, wenn es eine nicht unerhebliche Anzahl von Superreichen in der Schweiz gibt, deren Zahl zunehmend wächst, ist die Mehrheit der Schweizer gut situiert und die privaten Geldvermögen vermehren sich in der Schweiz genauso wie das Immobilienvermögen. Laut der Schweizer Nationalbank hat sich das Geld- und Immobilienvermögen mit über vier Billionen Schweizer Franken in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt.

Hohe Finanzierungsvoraussetzungen

Dabei dürfte sich das beispielhafte Paar (die Aldi-Kassiererin und der Kfz-Mechaniker) vermutlich keine Immobilie leisten können, denn in der Schweiz gelten im Hinblick auf Finanzierungen besonders strenge Regeln. So dürfen die Banken nur Kredite vergeben, wenn die Kunden mindestens 20 Prozent Eigenkapital mitbringen und sie den Hypothekarzins auch dann zahlen könnten, wenn er auf fünf Prozent ansteigen würde. Auch wenn er – wie in Deutschland – derzeit nur bei rund einem Prozent liegt. Grundsätzlich gilt dabei die Faustregel, dass die Gesamtbelastung aus Amortisation, Hypothekarzins und Nebenkosten nur ein Drittel des Nettoeinkommens betragen darf. Damit zeigt es sich, dass sich viele Schweizer – trotz vergleichsweisen hohen Einkommens – schlicht keine Immobilie leisten kann. Und das ist auch gut so, denn was es bedeutet bzw. bedeuten kann, auf vielen faulen Krediten zu sitzen, hat nicht zuletzt die Subprime-Krise gezeigt. Die Hypothekenvoraussetzungen sind damit ein wichtiger Beitrag im Verbraucherschutz, denn er seine Finanzierung „mit der spitzen Feder rechnen muss“, hat im Zweifel bei einer geringen Erhöhung der Zinsstruktur oder bei einer Anschlussfinanzierung das Nachsehen.

 

Warum es nicht zum Crash kommt

Dargestellt haben wir zum einen, warum nur eine begrenzte Zielgruppe sich in der Schweiz eine Immobilie leisten kann und damit risikoreiche Finanzierungen verhindert werden. Denn es sind gerade die steigenden Finanzierungsvolumina, die ein Indikator für Immobilienblasen sind. Ferner, dass die Nachfrage „hausgemacht“ ist, also nicht durch eine steigende Zahl ausländischer Käufer ausgelöst wird. Die Nachfrage wächst organisch durch die steigende Zahl der Bevölkerung. Steigen die Preise, sinkt die Zahl der Kaufwilligen. Das sich dies kaum auf das Preisniveau auswirkt, liegt schlicht am fehlenden Angebot. So wird heute rund 40 Prozent weniger Wohneigentum gebaut als noch vor zehn Jahren. Sollten die Preise sinken, greifen eben die zu, die sich heute keine Immobilie (mehr) leisten können. Dies stabilisiert ebenfalls die Preise. Das ist typischer Effekt der Übernachfrage. Nicht zuletzt bietet das „Betongold“ ein wichtiges Fundament für das wirtschaftliche Wachstum. Und dessen Kennzahlen sind auch für 2022 außergewöhnlich.