07.09.15 Schweizer Immobilien
Niedrige Kapitalmarktzinsen erschweren institutionellen
Investoren zunehmend den Kapitalerhalt. Viele Versorgungswerke haben es dabei
schwer, einstmals ausgesprochene Zusagen einzuhalten. Die Immobilie als
rentierliche Alternative kommt folglich zunehmend mehr ins Gespräch.
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras erhielt zum
dritten Mal das „Jawort“. Im Rahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus
(ESM) als Teil des „Euro-Rettungsschirms“ sollen ihm weitere bis zu 86 Mrd.
Euro zur Verfügung gestellt werden. Ob Griechenland und der Euro in der
jetzigen Form so zu retten sind, muss sich zeigen. Den ESM finanzieren die
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – allen voran Deutschland mit 27 %,
gefolgt von Frankreich mit rund 20 %. Der Rest verteilt sich auf weitere 17
Mitgliedsstaaten.
„Euroanspannung“
Zwischen Hoffen und Bangen könnte man derzeit die Situation bei
den europäischen Volkswirten beschreiben. Zu viele unberechenbare Faktoren
nehmen auf den Kapitalmarkt Einfluss. Es wird einfach zu viel Kapital in den
Markt gepumpt. „Um die Wirtschaft zu stabilisieren“, heißt es. Im Rahmen eines
Billionenprogramms fing die Deutsche Bundesbank hierzu an, Anleihen zu kaufen.
Zwar nicht jede um jeden Preis, aber die ausgelöste Flut an Kapital führte
sofort zu einer Senkung der Kapitalmarktrendite von 0,4 % auf 0,3 %. Wenn zu
viel Geld am Markt ist, sinkt eben der Bedarf an Refinanzierungsmöglichkeiten
über den Kapitalmarkt. In der Folge erhalten Deutschlands Sparer seit Jahren
kaum mehr Zinsen auf ihre Einlagen und die Inflationsgefahr wächst.
Ausstieg der Schweiz
Mitte Januar gab dann die Schweizerische Nationalbank (SNB) – um
Spekulationen zu vermeiden – von einem auf den anderen Tag den
Mindestwechselkurs zum Euro auf. Vorher bekam man für einen Euro einen Franken
und 20 Cent. Im Moment besteht faktisch Währungsgleichheit. „In den Tagen vor
dem Entscheid wurden die Interventionsbeträge immer größer“, äußerte sich
SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg gegenüber der Schweizer Zeitung
„Blick“. Man habe – um den Kurs des Franken zum Euro zu deckeln – täglich
Milliardenbeträge ausgegeben. Hochgerechnet habe die SNB alleine im Januar mit
über 100 Mrd. Franken eingreifen müssen. Als weitere Maßnahme wurde der
Leitzins gesenkt. Derzeit gibt es in der Schweiz Negativzinsen. Bankguthaben
werden mit 0,75 % Negativverzinsung bestraft. Mit erheblichen Folgen auch für
Versorgungswerke, beispielsweise Pensionskassen.
Alternativen gesucht
Zwar stehen die Schweizer Versorgungswerke deutlich besser da
als die deutsche Rentenkasse und auch besser als viele in Deutschland tätige
Lebensversicherer, aber auch hier wird die Luft knapper im Hinblick auf
rentable Anlagen. Mangels Anlage-Alternativen zu festverzinslichen Wertpapieren
könnten die Pensionskassen durch Gesetzesänderung zwar die Beiträge der
Erwerbstätigen erhöhen. Dies würde aber die Umverteilung zwischen Arbeitenden
und Rentnern bedeuten. Und genau das will man nicht. „Immobilien stellen für
Vorsorgewerke im momentanen Tiefzinsumfeld eine attraktive Anlageoption dar. Die
Schweizer Pensionskassen investieren dabei vornehmlich in zentrale
Wohnliegenschaften in der Schweiz, Investitionen im Ausland spielen dagegen nur
eine untergeordnete Rolle“, erklärt Ulrich Prien, Leiter Immobilien bei
KPMG Schweiz und bezieht sich dabei auf die aktuelle und sehr umfangreiche
Studie seines Hauses „Real Estate –
Pensionskassen Benchmark“. Rund ein Fünftel ihrer Gelder hätten
Pensionskassen heute schon in Immobilien angelegt. Die Studie zeigt, dass
mehrheitlich reine Wohnliegenschaften (60 %) gehalten werden. Diesen wird im
aktuellen Marktumfeld eine höhere Wertbeständigkeit im Vergleich zu
kommerziellen Liegenschaften attestiert. Objekte mit einer Größe zwischen zehn
und 50 Mio. Schweizer Franken Marktwert repräsentierten rund die Hälfte des
untersuchten Immobilienpools der Studienteilnehmer. Schwierigkeiten würden sich
im Angebot zeigen. Auch in der Schweiz wird – ähnlich dem Deutschlands – der
Angebotsbereich immer knapper.
Portfoliooptimierung
Gestärkt wird die These von KPMG auch durch die Schweizer
Großbank Credit Suisse. In ihrer detaillierten Studie „Schweizer
Pensionskassen 2014 – Perspektive in der Demografie und im Anlagemanagement“
vom August 2014 hebt sie die besondere Bedeutung von direkten Immobilienanlagen
heraus. Die Researcher wörtlich: „Woher rührt also die Attraktivität dieser
Anlagekategorie trotz höherer Kosten? Angenommen, ein Portfolio besteht aus 60
% CHF-Obligationen und 40 % Schweizer Aktien. Gemäß den langfristigen
Renditeerwartungen der Credit Suisse Strategieberatung resultiert für ein
solches Portfolio ein langfristiges Renditepotenzial in Höhe von 2.8 % p. a.
mit einem Risiko (Volatilität) von 5.5 % p. a. Das gleiche langfristige
Renditepotenzial lässt sich mit einem Anteil an direkten Immobilien von 15 %
und einem entsprechend reduzierten Obligationenanteil von 53 % sowie einem
Aktienanteil von 32 % erzielen. Für das Portfolio inklusive Immobilien
errechnet sich jedoch ein um 1.1 Prozentpunkte reduziertes Risiko von nur noch
4.4 % p. a. (...) Aus portfoliotheoretischer Sicht ist diese Umschichtung in
direkte Immobilien ein klarer Gewinn, da sich das gleiche Renditepotenzial mit
einem geringeren Risiko und verbesserter Diversifikation realisieren lässt.“
Investitionen in Schweizer Immobilien erhöhen also das Renditepotential und
senken gleichzeitig das Risiko. In der Schweiz wäre Harry M. Markowitz,
US-Ökonom und Nobelpreisträger mit seiner modernen Portfoliotheorie
Immobilienfan gewesen. Finanzwelt , ONLINEAUSGABE 03/2015
Michael Bauer, Geschäftsführer der Gallus
Immobiliengruppe
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